Wir unterstützen in kleinem Rahmen Projekte von Personen und Organisationen, die den Stiftungszweck erfüllen und sich durch Eigenständigkeit auszeichnen. Zu den bisher geförderten Projekten finden Sie hier eine kurze Beschreibung und Links. Wir freuen uns über die Weiterverbreitung.
«Zug in die Freiheit» – Vermittlungsprojekte über ein Stück Ostschweizer Weltgeschichte
Am 5. Februar 1945 bestiegen 1200 Jüdinnen und Juden aus dem KZ Theresienstadt den sogenannten «Zug in die Freiheit». Dieser brachte sie via Kreuzlingen und St. Gallen nach St. Fiden in das damalige Schulhaus Hadwig, das heute Teil des Campus der Pädagogischen Hochschule St. Gallen (PHSG) ist, und nach Bühler (AR). Damit wurden sie vor der Ermordung durch die Nationalsozialisten gerettet. Über diese erfolgreiche Befreiungsaktion und die weiteren Lebenswege der Geretteten ist bislang wenig bekannt.
Die Aktion geht auf eine private Initiative des Ehepaars Recha und Isaac Sternbuch zurück, die sich im Oktober 1944 an den schweizerischen alt Bundesrat Jean-Marie Musy wandten, der bereits durch seine Kontakte zu NS-Kreisen Einzelpersonen freibekommen hatte. Musy traf sich mit Reichsführer SS Heinrich Himmler zu Verhandlungen. Geplant war eine wöchentliche Rettung von 1200 Jüdinnen und Juden aus Konzentrationslagern. Im Gegenzug sollte Himmler fünf Millionen Schweizer Franken erhalten. Darüber hinaus erhoffte sich Himmler eine Verbesserung seines Ansehens angesichts des sich abzeichnenden Untergangs des Dritten Reichs. Konkurrierende Netzwerke innerhalb der SS und schliesslich auch die Intervention Adolf Hitlers hatten zur Folge, dass es bei einer einzigen Befreiung – eben dem Zug in die Ostschweiz – blieb.
Ein trinationales Team von Forschenden und Studierenden arbeitet die Rettungsaktion bis im Frühling 2024 historisch auf. Beteiligt sind die PHSG, die Freie Universität Berlin, die Karls-Universität Prag und die Universität Leiden in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern wie der Jüdischen Gemeinde St. Gallen. Dabei wurde der Transfer der Forschungsergebnisse in die Gesellschaft von Beginn an mitgedacht: Ab 2024 sollen eine Website, Erinnerungsorte mit Ausstellungen im und um das Hochschulgebäude Hadwig und in Bühler (AR) sowie didaktisches Begleitmaterial entstehen, welche als Leuchttürme in der schweizerischen Erinnerungslandschaft eine Wirkung weit über die Ostschweiz hinaus entwickeln. Alle Formate folgen zeitgemässen didaktischen Grundsätzen und bieten sowohl ein lebendiges, interaktives Erlebnis an historischen Schauplätzen und im digitalen Raum als auch nachhaltige Lerngelegenheiten im Schulzimmer.
Die Stiftung Edith und Helmut Steiner finanziert die Entwicklung dieser Vermittlungsprojekte mit.
Kinder- und Jugendmagazin «tut» – Sonderausgabe zu Judentum und Antisemitismus/Antizionismus
Unmittelbar nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen in Gaza begann das Jugendmagazin «tut» aus Basel, an einer Sonderausgabe zum Thema Judentum sowie Antisemitismus und Antizionismus zu arbeiten. Der Redaktionsstab zog hierfür Expertinnen und Experten mit historischen, religionswissenschaftlichen und judaistischen Fachkompetenzen hinzu. Ausserdem erhielt er Unterstützung durch die Israelitische Gemeinde Basel.
Die politisch-aktuellen Themen Schweiz, Israel, Naher Osten sind ausgewogen vertreten. Auch nimmt die Redaktion einen Schwerpunkt zum Holocaust mit auf. Andere Schwerpunkte sind jüdische Religion und jüdische Kultur. Die jungen Leserinnen und Leser im Alter von 9 bis 14 Jahren lernen jüdische Feste (z.B. Chanukka), Orte (Synagoge, Tempelmauer, Jerusalem), Bräuche (Schabbat, Bar Mizwa, Bat Mizwa) kennen. Ein dritter Schwerpunkt schliesslich ist ein Comic von 18 Seiten, der dem Problem des Antisemitismus gewidmet ist.
Die altersgerechte und sensible Umsetzung des komplexen Themas überzeugte uns, sodass wir diese Sonderausgabe mit einem Druckkostenzuschuss unterstützten.
Das Sonderheft kann über die Website des Kinder- und Jugendmagazins «tut» bestellt werden.
REACH CH – Antisemitismus in den sozialen Medien bekämpfen
In Zusammenarbeit mit Fighting Online Antisemitism FOA, einer israelischen NGO, unterstützt vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund SIG und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA.
FOA hat ein wirkungsvolles Schulungsprogramm entwickelt, in dem Freiwillige lernen, Antisemitismus auf sozialen Plattformen zu erkennen, zu überwachen und zu melden. Seit der Gründung 2020 hat FOA rund 300 internationale Freiwillige ausgebildet, die die 10 wichtigsten Plattformen in verschiedenen Sprachen durchsuchen. REACH steht für Remove and Eradicate Antisemitism and CyberHate.
Da seit der Coronapandemie der Antisemitismus auch in der Schweiz zugenommen hat und sich Fehlinformationen und Hassbotschaften auf den sozialen Medien mehren, wollen wir dieses Training in der Schweiz etablieren und eine aktive Community aufbauen.
Das Programm besteht aus Live-Schulungen, Webinaren, Mentoring und virtuellen Coworking-Räumen für die entstehende Community. Die Teilnehmenden erwerben Kenntnisse, Fähigkeiten und Instrumente, damit sie nach der Schulung eigenständig und als Gruppe antisemitische Äusserungen melden können.
FOA hat eine zweistufige Methode entwickelt, die sich als sehr effektiv erweist: Die Teilnehmenden melden antisemitische Inhalte direkt an die Netzwerke (gemäss der Arbeitsdefinition von Antisemitismus der IHRA) und an die FOA. Diese überprüft die Inhalte, nimmt sie in eine sichere Datenbank auf und kontrolliert regelmässig, ob sie aus den Netzwerken entfernt wurden. Wenn nicht, wendet sich die FOA direkt an die Netzwerke, um sie zum Handeln zu bewegen. So konnten die Entfernungsraten deutlich erhöht werden.
Die entdeckten Inhalte der entstehenden Schweizer Community werden zudem in den jährlichen Antisemitismusbericht des SIG und der GRA einfliessen.
Am ersten von uns organisierten Schweizer Training vom 7. Mai bis 2. Juli 2023 nahmen 30 Freiwillige teil.
Aufnahme und Betreuung von jüdischen Frauen und Kindern aus der Ukraine
Viele jüdische Gemeinden haben nach Kriegsbeginn sofort Taskforces gegründet und geflüchtete jüdische Frauen und Kinder aufgenommen. Wir unterstützten 2022 folgende Organisationen mit Geldspenden:
Der Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen VSJF bereitet für die Gemeinden Informationen zur rechtlichen und sozialen Situation von Geflüchteten in der Schweiz auf, hilft ihnen im Umgang mit den Behörden und unterstützt Geflüchtete fachlich im psychosozialen Bereich.
Der Verein Masorti e.V. Berlin zur Förderung der jüdischen Bildung und des jüdischen Lebens betreut geflüchtete Kinder und Jugendliche. Gemeinsam mit der Jewish International School/Masorti Grundschule gründete er Willkommensklassen und bietet verschiedene Betreuungs- und Freizeitangebote an: Sprachkurse, Sport- und Bastelaktionen, theater- und musikpädagogische Projekte, Exkursionen und gemeinsame Schabbatfeiern. Zusätzlich ermöglichen wir 2023, dass eine Psychologin die Kinder und Jugendlichen der Willkommensklasse betreuen kann.
Die Taskforce der Israelitischen Gemeinde Basel IGB konnte 2022 über 100 Flüchtlingen bei der Integration in Gemeinde und Stadt unbürokratisch und schnell helfen.
Kartenset für Jugendliche: «Antisemitismus im Alltag. Erkennen. Benennen. Reagieren.»
Wie können Jugendliche angemessen reagieren, wenn sie antisemitische Sprüche zu hören bekommen? Was können sie tun, wenn im Gespräch Verschwörungsfantasien mit antisemitischem Unterton aufkommen?
Die Karten, entwickelt von der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA, zeigen verschiedene Reaktionsmöglichkeiten und geben Argumentationshilfen. 18 typische Zitate aus dem Schweizer Alltag, gesammelt von der GRA, dienten dabei als Grundlage. Wir finanzierten den Nachdruck dieses sehr nützlichen und erfolgreichen Kartensets.
⇢ Link zum Projekt
⇢ Zitatsammlung der GRA
⇢ éducation21, Bildungsplattform für Nachhaltige Entwicklung
Musical «Die Furtigen»
Das Musical thematisiert die Begegnung von Grenzbewohner:innen im Kanton St. Gallen mit flüchtenden Menschen vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Anhand von Originalzitaten, Texten und Melodien werden Biografien, Fluchtgeschichten und Motive, zu helfen oder eben nicht, ins Bewusstsein gerufen.
Das Musical wurde von angehenden Lehrerinnen und Lehrern der Pädagogische Hochschule St. Gallen PHSG erarbeitet – als praktische Aufarbeitung der Vergangenheit. Weil es während der Pandemie nicht aufgeführt werden konnte, entstand daraus ein Film. Vier Aufführungen konnten im Mai 2022 schliesslich doch noch stattfinden. Wir unterstützten das innovative Projekt mit einem Beitrag.